Verzögerte Einkommensteuerfestsetzung aufgrund abweichenden Wirtschaftsjahres bei Beteiligungsgesellschaft begründet keine sachliche Unbilligkeit

Verzögerte Einkommensteuerfestsetzung aufgrund abweichenden Wirtschaftsjahres bei Beteiligungsgesellschaft begründet keine sachliche Unbilligkeit

Führt die Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres bei einer KG im Fall der Veräußerung/Einbringung der Beteiligung aufgrund der zeitlich verzögerten Erfassung des Gewinns im Feststellungsverfahren zur Entstehung von Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO bei der Einkommensteuer, sind die Zinsen nicht wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen. In dem bei dem 2. Senat des FG geführten Klageverfahren (Az. 2 K 82/13) ging es um die Folgen eines abweichenden Wirtschaftsjahres bei einer KG, an der der Kläger beteiligt war, im Hinblick auf die Verzinsung gem. § 233a AO.

Der Kläger war bis zum 30. November 2010 alleiniger Gesellschafter der X GmbH sowie alleiniger Kommanditist der Y KG. Die KG und die GmbH haben jeweils ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. September bis zum 31. August. Im November 2010 veräußerte der Kläger diese Anteile bzw. brachte sie in die Z GmbH ein. Aus dieser Umstrukturierung ergab sich für den Kläger durch Aufdeckung stiller Reserven ein Veräußerungs- bzw. Einbringungsgewinn. Die Einkommensteuererklärung 2010 des Klägers ging am 1. April 2011 beim Finanzamt ein. Der Kläger erklärte zunächst einen geschätzten Veräußerungsgewinn. Diesen Gewinn berücksichtigte das Finanzamt im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2010 vom 15. Juli 2011. Die Feststellungserklärung für die KG für das Jahr 2011 wurde am 23. Februar 2012 abgegeben. Später fand bei der KG eine Außenprüfung statt. Hierbei kam es zu einer einvernehmlichen Neuberechnung des Veräußerungsgewinns. Der entsprechende Feststellungsbescheid erging am 4. September 2012. Anschließend erließ das Finanzamt am 24. September 2012 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 in dem der neuberechnete Veräußerungsgewinn erfasst wurde. Daneben erließ das Finanzamt einen Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 2010. Den beantragten Erlass dieser Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit lehnte das Finanzamt ab.

Der 2. Senat hat die Klage mit Urteil vom 4. Dezember 2013 abgewiesen. Es liege keine fehlerhafte Ermessensentscheidung vor. Die verzögerte Einkommensteuerfestsetzung aufgrund des abweichenden Wirtschaftsjahres bei der Beteiligungsgesellschaft begründe keine sachliche Unbilligkeit. Das Finanzamt habe insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger im Streitfall tatsächlich einen Liquiditätsvorteil hatte. Entgegen der Ansicht des Klägers lasse sich auch aus der besonderen Fristenregelung in § 233a Abs. 2 Satz 2 AO nicht die Unbilligkeit der Erhebung von Nachzahlungszinsen im Streitfall herleiten. Nach dieser Regelung beginnt der Zinslauf für die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer abweichend von Satz 1 erst 21 Monate (seit 2012: 23 Monate) nach der Entstehung der Steuer, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen. Grund für diese Regelung sei, dass bei den Land- und Forstwirten auch die Einkommensteuererklärungen gem. § 149 Abs. 2 AO später abzugeben seien und bei der Gewinnermittlung zeitanteilig der Gewinn des folgenden Kalenderjahres bereits mit erfasst werde. Denn nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 8c EStDV würden Land- und Forstwirte ihre Gewinne grundsätzlich nach einem vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr ermitteln. Zwar könnten auch Gewerbetreibende, deren Firma im Handelsregister eingetragen sei, im Einvernehmen mit dem Finanzamt ihr Wirtschaftsjahr auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umstellen (§ 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Diese vom Gesetz eingeräumte Wahlmöglichkeit – die im Streitfall von der KG und der GmbH genutzt worden sei – führe aber nicht zur Unbilligkeit der Nachzahlungszinsen. Zum einen könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Sonderregelung in § 233a Abs. 2 Satz 2 AO die Möglichkeit übersehen haben könnte, dass es auch bei Gewerbetreibenden ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr geben könne, so dass vom Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht ausgegangen werden könne. Zum anderen gebe es auch einen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Land- und Forstwirten einerseits und Gewerbetreibenden andererseits. Denn das abweichende Wirtschaftsjahr sei bei Land- und Forstwirten der von Gesetz bzw. Rechtsverordnung vorgesehene Normalfall. Demgegenüber sei ein abweichendes Wirtschaftsjahr bei Gewerbetreibenden das Ergebnis der Ausübung eines Wahlrechts. Die im Streitfall eingetretene negative Folge bei der Verzinsung sei Folge dieser Wahlrechtsausübung. Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 6/14 anhängig.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 2-K-82/13 Mitteilung vom 31.03.2014

 

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